Das Lumpenpack ist eine deutsche Rockband um Max Kennel und Jonas Frömming, der eine ursprünglich aus Augsburg, der andere aus Kassel. An den Liedern dieser humorigen Herren ist kaum ein Vorbeikommen. Das bewiesen sie eindrucksvoll beim letzten Deutschland-Konzert ihrer aktuellen Tour im Stuttgarter Wizemann. Zuvor unterhielten wir uns über Benjamin Blümchen, Organspende und Xavier Naidoo. Viel Spaß beim Lesen!

Wie geht’s euch?
Max: „Naja, so wie es einem nach drei Wochen Tour eben geht. Zwar voller guter Laune, aber gleichzeitig signalisiert der Körper allmählich, dass es jetzt auch mal vorbei sein darf.“
Jonas: „Die Körper sind in dem klassischen Modus, dass sie wissen, sie dürfen nicht krank werden und abbauen. Allerdings ist jeder freie Tag gefährlich, weil sich der Körper dann die ganze ausgegebene Energie zurückholt. Man liegt 17 Stunden auf dem Rücken und fühlt sich dann sehr alt.“
Wann habt ihr zuletzt Benjamin Blümchen zum Einschlafen gehört?
Jonas: „Also das muss ich jetzt mal beantworten: Maximilian hört wahrscheinlich viel weniger von den Benjamin Blümchen-Folgen als der Rest des Tourbusses, weil Maximilian, da er nicht mit Kopfhörern schlafen kann, in seiner Koje „leise“ zum Einschlafen eine Folge hört…“
Max: „Ja, ich höre das tatsächlich hin und wieder mal. Also zumindest in der ersten Woche habe ich das ab und zu gehört, weil ich da noch recht früh ins Bett gegangen bin.“
Jonas: „Und zuhause tendieren wir aktuell eher zu Bibi Blocksberg.“
Mit wem würdet ihr gerne Pferde stehlen?
Max: „Ach, eigentlich mit allen aus unserem Tourbus. Zum Beispiel mit Andy Böhm (unserem Lichttechniker)…“
Jonas: „…oder mit unserem Busfahrer, weil dann gewährleistet wäre, dass wir das Pferd sehr schnell, egal aus welcher Gasse, entfernen können.“
Apropos Danke, liebe Leber – wie steht ihr zu Organspende?
Max: „Sehr positiv. Sollte man machen – keiner braucht Organe, wenn man tot ist.“
Jonas: „Ja, raus damit. Alles was noch gut ist. Ich weiß nicht, ob meine Leber noch anzubieten ist. Aber wenn die jemand gebrauchen kann, dann nimm.“
Max, was weckt deinen Wettbewerbsgeist?
Max: „Jede fucking Form von Spielen – egal, was. Es kann das größte Bananenzeugs sein. Ich steh auf alles, ich will einfach spielen, zocken und dann auch gewinnen.“
Bist Du ein schlechter Verlierer?
Max: „Schlechter Verlierer, schlechter Gewinner – alles. Ist echt ne Katastrophe bei mir.“
Welches Kunstwerk auf der Welt würdet ihr am liebsten besitzen?
Jonas: „Ist jetzt halt so ne zweischneidige Frage: Will man ein sehr großes Kunstwerk besitzen, weil das gleichzeitig suggeriert, dass man die Möglichkeit hat, das unterzubringen?“
Max: „Ja, perfekt: Die Nachtwache von Rembrandt – 25 Quadratmeter, wild.
Bedeutet: ich habe zuhause eine riesige Wand.“
Apropos Kunst = Was haltet ihr von den Aktionen der Letzten Generation?
Max: „Ich persönlich finde, dass es ein sehr wirksamer Protest ist. Ich kann die Dringlichkeit verstehen, die in diesen Aktionen stecken, weil es nicht gehört wird. Deswegen muss es immer drastischer werden und wird es immer drastischer werden. Ich finde, das Thema ist zu groß um sich damit aufzuhalten, ob das jetzt ein angemessener Protest ist, sondern wir müssen den Leuten zuhören. Sobald wir ihnen zuhören, weil sie Recht haben, dann hören diese Proteste auch auf.“
Philip Larkin (englischer Dichter) sagte: „Eltern schädigen einen für den Rest seines Lebens, ob sie wollen oder nicht.“ Ist an diesem Zitat eurer Meinung nach etwas wahres dran?
Jonas: „Garantiert. Egal, in welche Richtung. Also ich meine, Schädigung ist in dem Fall ja ausschließlich negativ konnotiert. Es gibt mit Sicherheit auch wohlgemeinte Ratschläge, die in 20 Jahren nicht mehr zu gebrauchen sind. Ich glaube, das Wichtigste ist, tendenziell als Eltern oder als erwachsener Teil der Gesellschaft, flexibel zu bleiben – vor allem in den eigenen Haltungen, die vielleicht schon in zehn Jahren nicht mehr Up-to-Date sind. Dann sollte man bereit sein, Dinge abzulegen und versuchen niemals der Mensch zu werden, der sagt: das haben wir früher schon immer so gemacht. Das wäre ganz geil.“
Aber euer Trauma von tanzenden Müttern konntet ihr mittlerweile verarbeiten?
Max: „Das haben wir definitiv überwunden.“
Welche Musik hat eure Lebenseinstellung am meisten beeinflusst?
Max: „Es wäre albern da nicht Die Ärzte zu nennen oder speziell Farin Urlaub. Die Soloplatten von ihm, da hab ich mich wirklich sehr wiedergefunden als Spätjugendlicher/Heranwachsender, dass das ganz viel Fläche für mich geboten hat, um Dinge herauszuziehen und zu lernen.“
Jonas: „Bei mir es so, dass ich immer das Gefühl hatte, mich auf Musik verlassen zu können. In jeder Lebensphase, in der ich mich befand. Sie hat mir geholfen meine Gefühlswelt zu spiegeln. Dass ich traurige Musik hören konnte, wenn ich traurig war und dass ich fröhliche Musik hören konnte, wenn ich fröhlich war und tendenziell öfters fröhliche Musik in meinem Leben gehört habe. Das hat sich sicherlich irgendwie bedingt. Aber ich glaube andersrum, dass ich nicht unbedingt fröhliche Musik gehört habe, um fröhlich zu werden – es war eher ein tolles, direktes Ventil. Ich habe mich mit Musik immer wohlgefühlt, ich erinnere mich an Busfahrten, Klassenfahrten, mit Kopfhörern auf und einem Discman, wo man so die ersten Mixtapes gehört hat. Ich hatte das Gefühl, die Welt gehört mir, aus dem Fenster geguckt, englischsprachige Musik gehört und es war einfach krass.“
Wer oder was ist für euch die personifizierte Dummheit?
Max: „Jeremy Fragrance.“
Jonas: „Furchtbarer Typ.“
Meint ihr er ist tatsächlich so, wie er sich auf Social Media gibt? Oder ist das nicht eher eine Kunstfigur, die er kreiert?
Jonas: „Also, wenn er eine Kunstfigur war, dann sind wir jetzt in einem Money Boy-Stadium, wo die Kunstfigur die wahre Person frisst, weil sich niemand mehr für die wahre Person interessiert, sondern nur noch für die Kunstfigur. Außerdem denke ich, dass er daran früher oder später kaputt gehen wird.“
Jonas, was macht deiner Meinung nach schlechten Geschmack aus?
Jonas: „Uff, weiß ich nicht. Ich glaube, das ist immer eine Frage, wie man bestimmte Dinge trägt oder durchzieht. Ich kann schon vielen Ästhetiken etwas abgewinnen, solange sie (für mich) zu der Person passt, weil sie es rockt oder die Band, die den Style fährt. Ich bin ein bisschen satt von dem 90er Trash-Look, aber ansonsten… ey Leute, macht was ihr wollt.“
Hattet ihr jemals eine religiöse bzw. spirituelle Erfahrung?
Max: „Boah, nee. Also religiös auf keinen Fall. Spirituell habe ich ein bisschen Angst vor dem Begriff – ich glaube, es gibt so Energiemomente, die bei mir mit der Bühne zutun haben. Wenn man so einen krass kollektiven Moment vom Publikum bekommt, ist das eventuell für Leute, die sich mit dem Begriff leichter tun, etwas, das man als Spiritualität bezeichnen könnte. Aber generell sind wir beide keine besonders religiösen oder spirituellen Menschen.“
Jonas: „Nö. Aber so Third-Person-Momente, in denen man sich komplett zentrieren kann und man einen geilen Flow hat, dann ist das schon sehr cool.“
Jonas, wofür bist du deinen Eltern am dankbarsten?
Jonas: „Für die Tatsache, dass sie mich immer geliebt haben, ich das immer wusste und sie zu jedem Zeitpunkt hinter mir gestanden haben. Ob all meiner Entscheidungen, die ich je getroffen habe… und ich weiß im Nachhinein, dass die garantiert nicht alle gut waren.“
Max, was ist dir bis heute noch peinlich?
Max: „Boah. Ein ganzer Haufen. Alte Musik, alte Texte. Es gibt große Ausschnitte unseres Frühwerks, das ich mit Inbrunst verachte. Aber ich weiß, dass es irgendwie notwendig war um dahin zu kommen, wo wird heute stehen und was wir heute machen.“
Was würdet ihr eher wählen, wenn ihr könntet:
Ein Tag mit Kurt Cobain oder eine Nacht mit Freddie Mercury?
Jonas: „Wäre mir beides zu anstrengend.“
Max: „Ich glaube aber, dass der Tag mit Kurt Cobain sogar noch anstrengender wäre, als der Tag mit Freddie Mercury…“
Jonas: „Aber der Freddie hatte schon richtig miese Partyskills…“
Max: „Ja… und wie geil waren bitte Queen?“
Jonas: „Also ich würde mich wahrscheinlich mega unwohl fühlen, wenn ich mit Kurt Cobain abhängen würde, weil er so cool ist, dass ich wahrscheinlich die ganze Zeit nur so cringe daneben stehen würde und es mega unangenehm wäre.“
Max: „Also… wir gehen mit Freddie.“
Jammen mit Xavier Naidoo oder Kochen mit Attila Hildmann?
Jonas: „Dann auf jeden Fall mit Xavier Naidoo. Der hat sich mittlerweile ja wenigstens so halbgar entschuldigt und ist irgendwie auf dem Rückweg.“
Max: „Aber dann haben wir ja nichts zu essen… als kochen kann der ja schon, der Hildmann. Zum Beispiel die vegane Bolo: Legende!“
Jonas: „Vielleicht dann lieber jammen mit Attila Hildmann.“
Was hat euch zu „Hauch mich mal an“ inspiriert? Gab es da ein ganz bestimmtes Ereignis?
Jonas: „Wir hatten zuerst den Satz. Der ist irgendwann Mal in einer Show in Koblenz gefallen – wir haben ein spontanes Bit improvisiert, das damit zutun hatte, wie man damals als Jugendlicher betrunken nachhause kam und auf seine Eltern traf. Irgendwie kamen wir dann eben auf den Satz „Hauch mich mal an“. Da haben wir gemerkt, wie krass der Satz beim Publikum funktioniert. Das ist ein Satz, den jeder kennt – den man aber gar nicht so präsent hat und der trotzdem in jedem etwas auslöst. Dann haben wir später den Song drum herum geschrieben.“
Sollte die WM boykottiert werden?
Jonas: „Ist eben die Frage, was das bringt. Also ich werde sie garantiert nicht gucken, weil es mich überhaupt nicht mehr interessiert. Die Luft ist raus, Leute. Wenn irgendjemand noch Korso fährt, dann gibt’s aber Schellen, ey. Aber boykottieren? Weiß ich nicht.“
Max: „Eigentlich müsste man das boykottieren. Aber mir ist es tatsächlich zu egal geworden. Nicht mal zwingend mit Katar zusammen, sondern eher aufgrund der letzten 6-7 Jahre. Mit dem ganzen Geld wurde das alles ganz eklig.“
Jonas: „Aber das ist ja schon seit fucking 30 Jahren der Fall, dass da Scheiße gebaut wird und es ist mittlerweile total unangenehm.“
Corona, Ukraine-Krieg, Inflation, Querdenker – Was stimmt euch trotzdem optimistisch für die Zukunft?
Jonas: „Es gibt keine andere Möglichkeit als sich den Optimismus zu wahren. Das ist die einzige pazifistische Waffe, die wir noch haben, um uns eine gewisse Lebensfreude zu erhalten. Es ist völlig okay und nachvollziehbar, wenn man Tage hat, an denen es einem aufgrund der Weltlage scheiße geht. Aber ich finde es toll, wenn man es trotzdem schafft, sich aus dem Loch hochzuarbeiten, um mit einer gewissen Hoffnung auch für Leute da sein zu können, die gerade keine Lebensfreude oder Hoffnung haben. Und ich fände es schade, wenn man selbst als passiver Teilhaber den Kopf in den Sand steckt – dafür ist die Zeit noch nicht gekommen, soweit sind wir noch nicht.“
Was hilft bei Lampenfieber?
Max: „Man sollte es genießen und ein kleines Bier trinken.“
Jonas: „Kleiner Sekt vielleicht…“
Max: „Nee, ich freue mich immer, wenn ich merke, dass ich aufgeregt bin. Es ist doch mittlerweile auch etwas total Besonderes geworden aufgeregt zu sein. Deswegen sollte man das an einem bestimmten Punkt auch einfach genießen. Und bis dahin trinkt man einfach ein kleines Bier.“
Vielen Dank für eure Zeit, liebes Lumpenpack!