Im Gespräch mit J.B.O.

„Ich will keine scheiß Unplugged-Scheiße spielen!“

Die selbsternannten „Verteidiger des Blödsinns“ aus Erlangen lassen sich in puncto Show und Live-Performance alles andere als lumpen. Mit neuen Songs vom Album „Wer lässt die Sau raus?!“ und der „ganz alten Scheiße“ bringen sie das LKA in Stuttgart heute wieder gehörig zum Beben.

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Im Vorfeld des großartigen Auftritts bekamen wir bereits letztes Jahr die Möglichkeit uns mit dem charismatischen Veit Kutzer alias Vito C., Sänger und Gitarrist der fränkischen Kult-Band, zu unterhalten. Gut gelaunt und sympathisch empfing er mich im Backstage-Bereich und erzählte lustige Anekdoten, u.a. warum J.B.O. nur ein einziges Mal bei Rock am Ring auftraten und warum Black Sabbath geiler sind als Kiss.

Gestern Köln heute Stuttgart, was haltet ihr von den Schwaben?

Vito C.: „Sehr viel. Stuttgart ist seit vielen Jahren eine unserer J.B.O.-Hauptstädte. Wir haben in Stuttgart traditionell ein wirklich sehr, sehr gutes Publikum. Backstage hängt noch ein Plakat von 1999 von der „Meister der Musik“-Tour, wir spielen jetzt fast 20 Jahre regelmäßig hier und es ist immer gut besucht und macht Spaß – Stuttgart ist super!“

 Habt ihr dann immer im LKA gespielt?

Vito C.: „Wir haben vermutlich seit 99 im LKA gespielt. Vorher auch einmal in der Röhre (ehemalige Disco im Wagenburgtunnel), aber ansonsten immer hier.“

Warum Rosa und nicht Hellblau?

Vito C.: „Du meinst, weil wir Jungs sind? Also erstens muss man ja sagen, dass Rosa für Mädchen und Hellblau für Jungs gar nicht lange feststeht. Vor ca. 100 Jahren war Rosa die totale Jungenfarbe und vielleicht wird sie das auch mal wieder… Dinge ändern sich bekanntlich. Rosa ist es zurückblickend deswegen geworden, weil das Drumkit unseres damaligen Drummers 1989 Rosa war. Wir fanden das cool und überlegten uns künftig alles Rosa zu machen. Die Entscheidung war so genial, weil man uns einfach direkt erkennt, da wir die einzigen sind. Vor allem auf einem Metal-Festival, auf dem sonst alles komplett schwarz ist: wenn dann die rosa Marshalls reingerollt werden, ist das ein absolut erhebendes Gefühl. Ich weiß zwar nicht mehr genau warum wir uns dafür entschieden haben, aber es war rückblickend definitiv die beste Entscheidung.“

Aber mit einem rosa Tourbus reist ihr nicht, oder?

Vito C.: „Nein, wir haben leider auch keine rosa Ferraris.“

Die AfD im Bundestag – ein guter Tag zum Sterben?

Vito C.: „Nein, das ist nicht lustig. Das Lied soll amüsieren und die AfD im Bundestag ist absolut nicht amüsant.“

Wenn ihr ein Lied über Alexander Gauland schreiben würdet, was wäre der Titel?

Vito C.: „So viel Aufmerksamkeit möchte ich ihm nicht widmen.“

Habt ihr Routinen, die ihr vor dem Konzert pflegt?

Vito C.: „Wir trinken gemeinsam ein Kitzmann-Bier. Und dann noch so eine Art Einschwören in der Gruppe [schreit in Tschakka-Manier], mit allen Händen aufeinander.“

Also tourt Kitzmann auch immer mit?

Vito C.: „Selbstverständlich. Eine Flasche steht auch immer in den Ständern auf der Bühne. Wir haben unser Kitzmann immer dabei.“

Habt ihr schon Karten für die Slayer-Abschiedstour?

Vito C.: „Nein, haben wir leider noch nicht. Blöd.“

Zur Bandgeschichte: Warum James Last und nicht Max Greger?

Vito C.: „Wer die Idee mit James Last hatte weiß heute niemand mehr so genau. Der Name war irgendwann einfach da. Ich wüsste nicht was wir aus Max Greger hätten machen können… aber es gibt eine schöne Anekdote zu Max Greger: wir spielten damals in Trossingen auf dem „Strange Noise Festival“. Unser damaliger Busfahrer war ein echter Franke und nach unserem Auftritt wollten wir gerne abfahren. Leider stand der Nightliner von Paradise Lost vor uns, sodass wir nicht vorbeikamen. Um sich Platz zu verschaffen hat er dann gehupt. Auf einmal kam ein Roadie an sein Fenster und meinte: „Hey man, this is Paradise Lost.“ Und dann meinte unser Busfahrer: „Horch… und wenn’s der Max Greger wär‘. Des wär mir worschd. Wir mögen da jetzt durch!“ (lacht) Für ihn war Max Greger damals das Höchste.“

Und dann hat’s geklappt?

Vito C.: (lachend) „Ja, es hat ihn offensichtlich so beeindruckt, dass er dann weggefahren ist.“

Dann zum neuen Album: Ihr habt Lieder von Nena, den Prinzen und Nina Hagen. Mit wem würdet ihr am liebsten touren?

Vito C.: „Nina Hagen… nein, also Hut ab vor allem, was sie gemacht hat. Aber mit ihr auf Tour gehen? Nein, wir touren lieber alleine. Jemand vom Album auf Tour mitzunehmen wäre ehrlich gesagt überhaupt nicht sinnvoll und das würde ich mir auch nicht wünschen. Im Prinzip sind es Lieder, die Jahrzehnte alt sind. Was die Künstler damals gemacht haben, muss ja nichts damit zu tun haben, was sie heute machen. Also ich würde niemand vom neuen Album mit auf Tour nehmen.“  

Und es ist auch kein Kriterium, dass ihr die Musik tatsächlich mögt?

Vito C.: „Auf „Deutsche Vita“ gefallen uns die Lieder tatsächlich im Original. Auf den anderen Alben ist das teilweise durchaus anders.“  

Nun würde ich zu den Entweder/oder-Fragen kommen…

Vito C.: „Oh weia!“  

Festival oder Club-Konzert?

Vito C.: „Ja, das habe ich mir schon gedacht… das gibt es nicht, dieses entweder/oder. Es klingt zwar immer ganz nett, aber im Endeffekt ist es meistens sowohl als auch. Nur Festivals? Nein. Nur Club-Shows? Auch nicht… wir machen beides. Und das macht es so toll, weil beides ein bisschen anders ist. Aber auf die eigene Weise super. Und ich möchte keines von beiden vermissen.“  

Iron Maiden oder Metallica?

Vito C.: „Da gibt es auch kein entweder oder. Wäre doch langweilig wenn eines davon fehlen würde.“

80er oder 90er?

Vito C.: „Also ich sag es mal so: Anfang der 90er war das Rokoko der 80er. Rokoko war im Prinzip das, was den Barock auf die Spitze getrieben hat. Barock war ausladend, verziert und das Rokoko hat nochmal eine Schippe draufgelegt. Es war extrem übertrieben. Und so war es auch mit den Anfängen der 90er: Das musste irgendwann platzen. Und dann kam der Grunge und hat alles niedergebügelt.“

Kurt Cobain oder Lemmy Kilmister?

Vito C.: „Da kann ich dir Lemmy Kilmister sagen.“

Also bist du selbst kein großer Grunge-Fan?

Vito C.: „Nein, ich bin kein großer Grunge-Fan und Nirvana waren zwar groß, hätten heute aber nicht den heutigen Stellenwert, wenn er sich nicht die Kugel in den Kopf geschossen hätte. Also ich will damit sagen, dass sie sicherlich nicht die beste Band der damaligen Szene waren. Und nur durch den Selbstmord hat Nirvana an Bedeutung gewonnen. Ich mag zwar „Nevermind“ ganz gerne, finde die Platte auch soundmäßig ziemlich cool, bin aber trotzdem nie der große Nirvana-Fan gewesen. Und dieses ganze Geheul ist auch nicht meins. Abgesehen davon finde ich das MTV Unplugged-Album zum Davonrennen.“

Könntest du dir für J.B.O. ein Unplugged-Album vorstellen?

Vito C.: „Ich find’s zum Kotzen, ich finde Unplugged beschissen! Warum muss ich Songs, die rocken, ein bisschen scheiße und mit Akustikgitarre spielen. Ich verstehe einfach nicht was das soll: Songs, die im Grunde dafür gedacht sind, dass man sie mit E-Gitarre rockt: mir will das irgendwie nicht ins Hirn warum man eine Unplugged-Version daraus machen soll. Es mag zwar ein paar Mädchen geben, die sagen „Oh, das war so toll…und es war trotzdem cool, obwohl sie keine E-Gitarre hatten“. Ich will es lieber genauso spielen, wie es gehört. Ich will keine scheiß Unplugged-Scheiße spielen. [lacht] Sorry…“

Black Sabbath oder Kiss?

Vito C.: „Black Sabbath. Kiss bieten natürlich immer eine grandiose Show mit viel „Piff-Paff-Puff“, aber songmäßig finde ich Sabbath deutlich geiler. Es gibt von Kiss ein paar coole Songs, wie „God Gave Rock and Roll To You“ oder „I Was Made For Loving You “, was damals ja aufgrund des Disco-Grooves total umstritten war. Aber von Black Sabbath gibt es über mehrere Dekaden viel geilere Songs. Immer wieder etwas Neues: natürlich mit Ozzy, aber da sangen auch Dio, Ian Gillan, Tony Martin, die grandiose Songs veröffentlichten. Bei Kiss war und ist immer ganz viel Kommerz dabei gewesen. Gene Simmons ist auch bekannt für seinen guten Geschäftssinn. Kurz gesagt finde ich Black Sabbath schon geiler.“

Wacken oder Rock am Ring?

Vito C.: „Wir haben dort nur einmal (1998) gespielt. Die Geschichte dahinter ist folgende: es gab eine Pressekonferenz mit Marek Lieberberg, dem Veranstaltungspapst Deutschlands. Wir waren damals sozusagen als Lokalmatadoren geladen. Saßen im Auditorium, auf der Bühne saßen zeitgleich Genesis, der Saal war voll und Marek Lieberberg stellte uns an als regionale Band vor. Er kündigte uns als „G.B.O.“ an. Ich korrigierte dann: „J.B.O.“ und das muss er sich gemerkt haben. Ich habe ihn also geschulmeistert und wir haben bis heute nie wieder bei Rock am Ring gespielt.“ [lacht laut]

Rock am Ring driftet aber auch immer mehr auf die kommerzielle Schiene ab, wenn man sich mal die Bands anschaut: Macklemore, 187 Straßenbande. Im Prinzip heißt es ja „ROCK am Ring“.

Vito C.: „Es war und ist ein kommerzielles Mainstream-Rockfestival. Da haben immer auch Pop-Bands gespielt. Ich finde es aber nicht schlimm: Oasis als Beispiel – ist das Rock, ist das Pop oder wo liegt da die Grenze? Wer erfolgreich ist darf da spielen. Also in diesem Fall muss ich ganz klar sagen: so ist ein Festival eben. Wenn in Wacken Santiano spielt, könnte man das auch diskutieren. Aber so what? Wenn es den Leuten gefällt übe ich da garantiert keine Kritik.“

Zum Abschluss: dein Tipp an alle angehenden Musiker:

Vito C.: „Da habe ich leider keinen. Wenn man sich an uns orientieren will, funktioniert das wahrscheinlich nicht. Wir hatten einfach arschmäßiges Glück. Den einzigen Tipp, den ich geben kann ist: dranbleiben! Nicht einfach gleich aufgeben, sich nicht beirren lassen, immer weitergehen und nicht bei jedem Misserfolg aufgeben. Und mit Glück irgendwann klappt es dann. Wenn man den Erfolg von Bands sieht, dann denkt man: wow, der hat direkt Erfolg gehabt. Aber so ist es nicht: Der hat es wahrscheinlich 25 Mal auf verschiedene Weisen probiert und dann hat es irgendwann funktioniert.“

Danke Vito, für das sehr angenehme Gespräch und viel Spaß heute beim Konzert.

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J.B.O. veröffentlichte dieses Jahr ihr neues Album „Wer lässt die Sau raus?!“ und ist aktuell auf Tour. Karten gibt’s hier.

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